Kennen Sie die 4 Eckpfeiler eines erfolgreichen Kunden-Controlling?
von Jörg Roos
Welches ist der Zweck Ihres Unternehmens? Dabei ist es nun gleichgültig, ob es wirklich IHR Unternehmen ist oder ob Sie dort angestellt sind. Es ist auch egal, ob Sie nun der CEO oder ein Controller sind, bitte beantworten Sie sich jetzt mal ernsthaft diese Frage: Welchen Zweck hat Ihr Unternehmen?
Der Eine oder Andere hat nun vielleicht im Sinn, dass es der Unternehmenszweck ist Umsatz oder Profit zu erwirtschaften. Offen gestanden, das hätte ich vermutlich vor ein paar Jahren auch noch geantwortet.
Doch dies ist FALSCH, denn Umsatz oder Profit ist nicht der Zweck eines Unternehmens, sondern es ist das Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit. ALLE Unternehmen haben eigentlich auch denselben Zweck, denn sie wollen den Kundennutzen maximieren.
Nur wenn der Kunde einen echten Nutzen aus Ihrem Unternehmen ziehen kann, hat Ihr Unternehmen eine echte Daseinsberechtigung. Ich bin mir sicher, dass auch Sie mit mir in diesem Punkt konform gehen. Was heißt das aber nun für uns Controller?
Das Kunden-Controlling ist unsere wichtigste Aufgabe
Ich finde, die Antwort liegt auf der Hand, wenn man sich den Unternehmenszweck auf diese Weise vergegenwärtigt.
Wir müssen als Controlling einen echten Schwerpunkt auf das Controlling unserer Kunden legen.
[tweetthis]Wirksames Controlling bedeutet, den Schwerpunkt auf den Kunden zu legen. (J. Roos)[/tweetthis]
Dem erfahrenen Controller wird nun vielleicht auffallen, dass ich hier nicht von einer Kundenanalyse oder einem Kundenreport rede, sondern von einem Kundencontrolling. Warum? Weil es deutlich mehr als nur ein Report ist, in dem alle Kunden aufgeführt und nach Umsatz oder vielleicht auch noch nach Rohertrag sortiert sind.
Das sind die 4 Eckpfeiler eines erfolgreichen Kunden-Controlling:
- ABC-Analyse
- Kundenportfolio
- Kundenrentabilität
- Konsequenz
Dazu im Detail:
1. ABC-Analyse
Die ABC-Analyse ist wohl der Klassiker unter den Kundenanalysen und in jeder betriebswirtschaftlichen Disziplin stolpert der Student bereits früher oder später über dieses Instrument. Sehr häufig wird die ABC-Analyse entsprechend auch bei der Clusterung von Kunden, im Rahmen des Vertriebscontrolling, genutzt.
Dabei werden alle relevanten Kunden in den Datenwürfel geschmissen und zumeist nach Umsatz oder Rohertrag sortiert. Im Anschluss, werden die ABC-Cluster eingefügt. Häufig wird hierbei, in Anlehnung an das Pareto-Prinzip, zunächst geschaut, mit wie viel Prozent der Kunden das Unternehmen 80% des Umsatzes/Rohertrags macht Dies wäre dann das A-Cluster, das im Idealfall, der Theorie folgend, rd. 20% aller Kunden zugeschrieben werden sollte.
Dann wird es häufig sehr individuell und die Unternehmen ordnen in das B-Cluster genau die Kunden ein, die eben weniger Umsatz/Rohertrag als die A-Kunden realisieren, aber eben gemeinsam mit den A-Kunden ca. 95% des Gesamtumsatzes ausmachen. Für die verbleibenden 5% bleiben dann die C-Kunden übrig, die aber sehr häufig in der deutlichen nummerischen Überzahl sind.
Kernfrage: Wie viel Arbeitszeit investiert ein Unternehmen in das Kundenverhältnis zu den jeweiligen Clustern? Ist das der Wertigkeit für den Unternehmenserfolg entsprechend oder ergibt sich hieraus eine Schieflage? Nicht selten, stellen wir Controller hier bereits eine Schieflage fest…..
2. Kundenportfolio
Eine echte Strukturierung der Kundenbeziehung in ein Kundenportfolio findet auch heute noch viel zu selten statt.
Eine Strukturierung von Kundenbeziehungen in Stars, Fokuskunden, cash cows und Problemkunden kann dabei aber eine wesentliche Antwort darauf geben, ob das eigene Unternehmen überhaupt die richtigen Kunden bedient, d.h. spätestens hier fällt auf, ob die Kunden, für die sich der Vertrieb zeitlich besonders ins Zeug legt, dies überhaupt wert sind oder, ob dieses Zeitinvestment, einer echten Fehlinvestition gleichkommt.
Dabei wird die Kundenattraktivität der eigenen Position in einem Koordinatensystem gegenübergestellt und das sich ergebene Quadrat in vier Kleine unterteilt.
Die Kundenattraktivität meint dabei dann das Gesamtvolumen des Kunden (Umsatzwachstum, Preisniveau etc.), also z.B. nicht nur der aktuell realisierte Umsatz, sondern das relevante Umsatzpotential, das dem Kunden insgesamt zugeschrieben werden kann.
Natürlich macht es nur Sinn hier das Umsatzpotential heranzuziehen, das zumindest theoretisch auch komplett durch die Produkte des eigenen Unternehmens gedeckt werden könnte.
Die eigene Position wird dann im %-Anteil an dem Potential gemessen, um zu zeigen, ob das eigene Unternehmen bereits das Kundenpotential ausgenutzt hat, oder ob sich eine Investition in die Kundenbeziehung wirklich lohnen kann.
Während die Stars sehr wertvoll für das Unternehmen sind und auch entsprechend behandelt werden sollten, macht es wenig Sinn, viel Zeit und Energie in das Cluster der Problemkunden, zu investieren.
Der zu erwartende Ergebnisbeitrag für das eigene Unternehmen, wäre einfach zu gering. Am Sinnvollsten erscheint es, noch zu verteilende Zeit, Energie und/oder Marketingbudgets in Fokuskunden zu investieren, denn hier kann Ihr Unternehmen noch viel Potential heben.
3. Kundenrentabilität
Ich kenne praktisch kein Unternehmen, das wirklich in der Lage ist, zu sagen, ob sich eine Kundenbeziehung unterm Strich wirklich auszahlt und dies dann auch wirklich in Euro zu belegen.
Eine qualitative Aussage mit einer guten Tendenz, ist sehr häufig möglich, aber wirklich in EUR berechnet eigentlich niemals. Der Grund ist, dass wir Controller auch im Rahmen einer mehrstufigen Kundendeckungsbeitragsrechnung irgendwann an den Punkt kommen, wo wir die Kosten, die beispielsweise im Administrationsbereich anfallen, den Kunden nicht mehr verursachungsgerecht einzeln, sondern nur noch geschlüsselt zuordnen dürfen.
Aber ist das ein Grund, komplett auf eine solche Rechnung zu verzichten? NEIN, im Gegenteil, investieren Sie Zeit und Gehirnschmalz in die Definition dieser “Schlüssel”.
Analysieren Sie Ihre Prozesse, eventuell können Sie sogar eine Prozesskostenrechnung als Instrument nutzen und überlegen Sie, inwiefern Ihnen die Erst- und Zweitkontierung von Belegen noch wichtige Erkenntisse bietet. Ich vergleiche solche Analysen gerne mit dem “Wühlen im Dreck”, denn häufig dürfen Sie sich als Controller hier mit wahnsinnig großen Excel-Tabellen auseinandersetzen und das darf auch mal keinen Spaß machen 🙂
Aber das Ergebnis lohnt sich, denn je näher Sie der echten Wahrheit hier kommen, desto wichtiger ist die Aussage einer Kundenrentabilität. Wenn Sie wissen, dass Ihr Unternehmen mit einer Kundenbeziehung zwar Umsatz generiert, aber letztlich Verlust schreibt, dann sollten wirklich gute Gründe für das Aufrechthalten der Kundenbeziehung bestehen, oder? (Keine Frage, die kann es geben…)
4. Konsequenz
Wenn Sie die 3 Analysen wirklich sauber in Ihr Controlling eingebaut haben, dann fehlt nur noch der letzte Schritt. Leiten Sie einen plausiblen nächsten Schritt daraus ab und schlagen Sie diesen aktiv vor.
Sie haben mit diesem Kunden-Controlling einen echten Mehrwert für Ihr Unternehmen geschaffen und sollten nun auch dafür sorgen, dass die Ergebnisse nicht einfach nur hingenommen, sondern konkrete Maßnahmen daraus abgeleitet werden.
Ihre Aufgabe als Controller hört nicht damit auf, diese Analysen zu erstellen, sondern Sie dürfen diese Ergebnisse interpretieren und einen Maßnahmenkatalog daraus ableiten, für den Sie dann bei Ihrem Vorstand, Ihrer Geschäftsführung werben.
Welche Erfahrungen haben Sie bei der Kundenanalyse in Ihrem Unternehmen gemacht? Vor welchen Hürden stehen Sie hier regelmäßig? Haben Sie weitere Analysen, die Sie zwingend im Rahmen eines Kundencontrolling sehen? Ich freue mich auf Ihren Kommentar.
Über den Autor:
Jörg Roos ist Controller und wird auf Wunsch Ihr persönlicher CFO.
Grafik: Ray_Shrewsberry
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