„Du musst ja NUR diese tolle neue Methode anwenden, und SCHON machst Du 18,7% mehr Gewinn…“
Wäre schön, wenn es so einfach wäre, oder?
Mehr Gewinn ist aber nun einmal nicht linear.
Warum?
Unternehmen sind Beziehungsgeflechte innerhalb weiterer Beziehungsgeflechte. All diese Beziehungen und ihre Dynamiken werden von vielen Faktoren beeinflusst. Eine Maßnahme hat nicht nur eine Wirkung, sondern mehrere.
Manche Maßnahmen wirken erst mit großer Zeitverzögerung, das Team muss sich erst daran gewöhnen, Partner müssen die Maßnahmen verstehen, usw.
Sie haben das vielleicht schon erlebt:
- Sie sparen Kosten, aber der Gewinn steigt nicht im gleichen Maße.
- Sie ergreifen Maßnahmen, um höhere Stückzahlen zu verkaufen, und Sie verkaufen auch tatsächlich mehr Stück – aber der Gewinn steigt trotzdem nicht wie erhofft…
Wenn Sie Maßnahmen für mehr Gewinn ergreifen wollen, hier sind 3 wichtige Prinzipien, die Sie beachten sollten:
- Jede Maßnahme hat Wirkungen – erwünschte und unerwünschte
- Wir sind nicht gut darin, nicht-lineare und nicht-proportionale Verläufe zu erkennen
- Komplexität nimmt mit Größe exponentiell zu
Prinzip 1: Jede Maßnahme hat Wirkungen – erwünschte und unerwünschte
Ich entlasse einfach Mitarbeiter, und schon spare ich Personalkosten!
Linear betrachtet ist das erstmal richtig.
Welche unerwünschten Folgen kann es haben, jemanden zu entlassen?
- Ich gerate in langwierige, teure und nervige arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen, und das ist wieder teuer
- Diese Person wurde vom restlichen Team sehr geschätzt, wird nun vermisst – das senkt die Motivation und die Performance
- Es sind weniger Personen da, die notwendige Arbeit zu tun – das führt zu Verzögerungen, zu Verschlechterungen, was wiederum teuer wird
- Die Person hatte Schlüsselbeziehungen zu Kunden, Lieferanten, usw., jetzt werden die Beziehungen dorthin schlechter, was auch wieder teuer wird
- Usw.
Personal zu entlassen ist die phantasieloseste Art, Kosten zu sparen, und hat nicht immer die besten Wirkungen.
So manches Unternehmen hat zu viele Leute entlassen, um dann einen Teil davon als Freiberufler zu höheren Kosten zurück zu holen.
Manche Unternehmen haben hohe Abfindungen gezahlt, weil der Entlassungsprozess „schnell und billig“ gemacht wurde, ohne Sorgfalt, ohne Gründlichkeit.
Ich drücke einfach die Einkaufskosten, und schon spare ich!
Auch dies ist, linear betrachtet, korrekt.
Welche unerwünschten Folgen kann dies haben?
- Manche meiner Lieferanten gehen pleite, ich brauche neue Bezugsquellen, was nervig und teuer wird
- Meine Lieferanten sind gestresst und liefern schlechtere Qualität, das wirkt sich aus auf die Kundenzufriedenheit, meine Verkäufe sinken
- Manche Lieferanten kündigen die Geschäftsbeziehung oder drohen damit, ich muss wieder verhandeln, was nervig und teuer wird
Billig ist meistens teuer
Kosten wirklich anteilig zu senken, ohne etwas anderes im Unternehmen negativ zu beeinträchtigen, ist eine starke Herausforderung.
Hier ist das Management gefragt, genau zu überlegen und durchdacht abzuwägen, was wirklich Kosten spart, im Sinne eines langfristig gesunden Unternehmens.
Prinzip 2: Wir sind nicht gut darin, nicht-lineare und nicht-proportionale Verläufe zu erkennen
Sowohl von der Evolution her als auch vom Großteil unserer Ausbildung sind wir eher darauf ausgerichtet, ein Problem mit einer linearen Maßnahme zu lösen.
Hunger? Mammut!
Kalt? Feuer!
In der modernen Welt des Jahres 2021 ist es etwas komplizierter.
Exponentielle Entwicklungen
Sie kennen das Rätsel von den Seerosen, die sich jeden Tag verdoppeln? Am 29. Tag ist der halbe See bedeckt. An welchem Tag ist der gesamte See bedeckt? Am 30. Tag.
Nicht jeder kommt so schnell auf die richtige Lösung, weil wir nicht darauf trainiert sind.
Sie kennen auch die Geschichte vom Schachbrett, wo ein Getreidekorn auf das erste Feld soll, zwei auf das zweite, vier auf das dritte, usw., so dass die Anzahl sich immer weiter verdoppelt?
In dieser alten Geschichte können nicht einmal der Herrscher des Landes oder seine Berater vorhersehen: Auf das 64. Feld müssten mehr Weizenkörner, als es auf der Welt gibt.
Das zeigt zum Einen, dass bereits seinerzeit die Qualität politischer Berater den gleichen Standard hatte wie heute.
Zum anderen zeigt auch diese Geschichte, wie schwer es für unsere Vorstellungskraft ist, exponentielle Entwicklungen vorherzusehen.
Bei einem exponentiellen Prozess kann es sehr lange so aussehen, als wäre überhaupt nichts los. Die paar Parasiten dort, die paar Erkrankten hier, ist doch kaum der Rede wert.
Dann explodiert es scheinbar.
Tatsächlich entwickelt es sich aber nur nach der gleichen Funktion weiter wie bisher.
Jemand, der trainiert ist, exponentielle Entwicklungen zu beobachten, kann diese mit größerer Treffergenauigkeit erkennen und den weiteren Verlauf vorhersagen.
Andere Funktionen
Es gibt auch Sinus und Cosinus, die stetig auf und ab gehen.
Mancher befindet sich 5 Jahre lang in der Aufwärtsbewegung und wundert sich dann, wenn es mal abwärts geht.
Es gibt logarithmische Funktionen, die häufig in natürlichen Prozessen vorkommen.
Daneben gibt es auch Verläufe, die abrupt steigen, fallen oder enden.
Das wird oft von zahlreichen Faktoren beeinflusst.
Ebenso gibt es Begrenzungen nach oben, was z.B. die Anzahl möglicher Kunden angeht.
Es gibt Begrenzungen nach unten, z.B. bei sinnvollen Kostensenkungen.
Und auch all das ist nicht absolut; es gibt zahlreiche Variationen und Ausnahmen.
Prinzip 3: Komplexität nimmt mit Größe exponentiell zu
Ein kleines Unternehmen mit 5 Beschäftigten kann noch vieles von Hand managen. Vieles kann auf Zuruf und per Handschlag erledigt werden.
Wird das Unternehmen deutlich größer, finden viele persönliche Kontakte nicht mehr statt.
Die Kommunikation erfolgt über verschiedene Wege und über mehrere Schichten des Managements. Dabei werden Botschaften verzerrt, ausgedünnt, falsch betont, usw.
Die Beziehungen werden vielfältig. Es bilden sich Gruppen, Untergruppen, Fraktionen mit verschiedensten Agenden und Interessen.
Es wird immer schwieriger abzusehen, wie eine Maßnahme sich auswirkt.
Es erfordert immer mehr Überlegung, Nachdenken und Abwägen, welche Maßnahme welche Wirkung haben wird, in welchem Zeitraum.
Niemand weiß, wie man komplexe Systeme managt
Die Evolution hat unser Gehirn dorthin gebracht, mittelschwere Probleme innerhalb kleinerer Gruppen einigermaßen sinnvoll zu lösen.
Innerhalb der kleinen Gruppen gab es manchmal jemanden, der sich auf die Brust trommelte und verkündete, er hätte die beste Lösung.
Manchmal hatte er diese auch, manchmal nicht. Generell war in diesen kleinen Strukturen persönliche Stärke von großem Vorteil. Viele Probleme ließen sich mit Krafteinsatz lösen, und so folgte die Gruppe dem Brusttrommler.
Das Brusttrommeln ist auch heute noch zu hören, auch da, wo die Strukturen so groß und komplex geworden sind, dass tatsächlich niemand durchblickt.
Der laute Gorilla besteht also darauf, er hätte die Lösung, was aber extrem unwahrscheinlich ist.
Die Sippe folgt dem lauten Trommler, weil sie darauf trainiert ist.
Nach diesem System bleiben gute Lösungen Glückssache.
In komplexen Systemen werden gute Lösungen am besten gefunden, indem alle in Bescheidenheit miteinander diskutieren.
Fazit: Auch der Business Analyst sollte bescheiden bleiben
Auch der Business Analyst hat nicht immer die perfekte Lösung für alles.
Mit zunehmender Erfahrung und Skill wird er immer besser darin werden, Probleme gut zu definieren und produktive Lösungen anzubieten.
Er wird auch weiterhin relevante Probleme gut lösen.
Er wird weiterhin produktive Vorschläge machen.
Unfehlbar wird er nicht.
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